Käse selber machen

Illustration von Albert Anker, 1890er­Jahre

Wenn Milch sauer wird, gerinnt das Milcheiweiß und trennt sich in die wässrige Molke und die dickliche Käsemasse. Der so entstandene Käsebruch wird geschnitten, geformt, gesalzen und eventuell gepresst. Der Käselaib muss dann einige Zeit reifen, damit der Käse seinen typischen Geschmack entwickeln kann.
Bis auf Frischkäse durchlaufen alle Käsesorten vier Hauptphasen:

  1. Dicklegen der Milch
    Lässt man frische Milch stehen, wird sie von selbst dick, weil in der Milch enthaltene Bakterien den Milchzucker in Milchsäure verwandeln. Da dieser Vorgang schwer zu steuern ist, startet der Käser ihn gezielt einem Starter. Hier kann z.B. Kefir als Starter dienen. Die Endgültige Dicklegung wird mit Lab, einem Enzym aus dem Magen junger Wiederkäuer, in die Wege geleitet. Lab lässt die Milch gerinnen, ohne dass sie dabei sauer wird.
    Im Mittelmeerraums nimmt man traditionell pflanzliche Lab aus Distelblüten oder man verwendet den Saft des Feigenbaums. In der Käseindustrie verwendet man überwiegend mikrobiologisch gewonnenes Labenzym. Das Lab wird dann der leicht erhitzten Milch zugesetzt. Je nach Käsesorte werden noch Bakterienkulturen zugegeben um z.B. einen weißen Edelschimmel oder einen Blauschimmel zu bekommen. Die meisten Käse werden bei einer Temperatur zwischen 30 und 38 Grad dickgelegt, manche, wie z.B. Ziegenkäse, bei 20 bis 25 Grad. Dabei trennt sich die Milch in Molke und eine feste, Dickete oder Gallerte genannte Masse.

  2. Verarbeiten des Bruchs
    Die Gallerte wird mit einer sogenannten Käseharfen oder einem Käsemesser zu Käsebruch geschnitten. Je kleiner die Bruchstückchen werden, desto mehr Molke kann abfließen und desto fester wird später der Käse. Für manche Hartkäse schneidet man den Bruch in reiskorngroße Krümel, bei Weichkäse sind die Stücke so groß wie Walnüsse oder der Bruch wird garnicht geschnitten. Das Gemisch aus Bruch und Molke wird ständig gerührt, damit es nicht wieder zusammenbackt. Bei der Herstellung von Hart- und Schnittkäsen wärmt man den Bruch in Kupferkesseln nach, man nennt diesen Vorgang „brennen“, damit noch mehr Molke austzritt und die Bruchkörner noch fester werden. Erhitzt wird auf maximal 55 Grad (bei Schnittkäsen 39 Grad), da sonst die Milchenzyme nicht mehr aktiv sind.
    Für das Abscheiden der Molke wird der Bruch mit einem Tuch aus dem Kessel gehoben oder er wird direkt in Formen aus Siebblech, aus denen die Molke abfließen kann, gegossen. Hartkäse muss anschließend mit allmählich zunehmendem Druck gepresst werden. Solange der Laib noch feucht ist, wird er immer wieder gewendet, damit sich das Wasser gleichmäßig verteilt.

  3. Salzen
    Hat der Käselaib die gewünschte Festigkeit , werden sie aus der Form genommen und baden anschließend – je nach Sorte – für 30 Minuten oder mehrere Tage in 15- bis 22-prozentiger oder auch gesättigter Salzlösung. Manche Käse werden vor und während der Reifung auch direkt mit Salz eingerieben. Salz macht Käse haltbarer und beschleunigt das Trocknen. Außerdem sorgt es dafür, dass sich eine harte, feste Rinde bildet. Die Rinde verleiht dem Käselaib stabilität, ohne sie könnte ein 0 Kilo schwerer Laib Emmentaler nicht hochgehoben und transportiert werden, ohne zu brechen.

  4. Reifung
    Früher brachte man Käse zum Reifen in feuchte Naturhöhlen, in denen immer die optimale Temperatur von 8 – 15 Grad und eine Luftfeuchtigkeit von 90% herrschten. Heute versucht man die Bedingungen in den Reifekellern künstlich in Reifekammern nachzuempfinden Um die Reifung zu beschleunigen, werden die Reifekammern auf etwa 15 Grad erwärmt (vor allem bei Rotschmierekäse). Langsam (fünf Monate und länger) reifende Sorten lagern in kühlen Kellern bei 8 bis 10 Grad. Extrem trockene und feste Sorten reifen bei Zimmertemperatur.

    Während der Reifephase verändern sich die im Käse enthaltenen Eiweiße, Restzucker und Fette. An diesem Prozess ist eine Vielzahl verschiedener Mikroorganismen beteiligt. In dieser Zeit werden die Laibe durch Bürsten, Wenden oder Bestreichen mit verschiedenen Flüssigkeiten gepflegt, damit sich keine unerwünschten Keime niederlassen und sich die typischen Eigenschaften in Geschmack, Aussehen und Konsistenz entwickelt haben.
    Manche Käse (z. B. Brie) werden mit Schimmelpilzen besprüht, sodass sie mit der Zeit von einer weichen, pelzigen Schicht überwuchert werden. Andere (z. B. Blauschimmelkäse) pikiert man mit langen Nadeln und impft sie auf diese Weise mit bestimmten Kulturen, wodurch im Innern die typische blaugrüne Äderung entsteht. Bei Käsen mit Rotschmiere (z. B. Munster) behandelt man die Laibe äußerlich mit Rotschmierebakterien. Je nach Art der Bakterien bildet sich dann eine orangerote oder gold-gelbe Oberfläche, die regelmäßig mit Salz gebürstet („geschmiert“) werden muss.

In ihrem wunderbaren Buch „Vom Käsemachen“ schreibt Ursula Heinzelmann: „Im 11. Jahrhundert nannte der türkische Gelehrte Mahmûd Kasgarli den Käse „schlafende Milch“. Milch, die als Käse zu einer haltbaren Form gefunden hat und nährt und stärkt, auch wenn die Tiere keine Milch mehr geben.
Das „Schlafenlegen“ ist oft von Ritualen begleitet, die auch das soziale Miteinander stärken.“