Verbranntes Korn – Grano arso

Wenn aus der Not etwas Großes entsteht: Grano arso ist nichts anderes als verbranntes Getreide, meist Weizen. Gemahlen und zu Pasta verarbeitet wird daraus eine aromatische Spezialität.

Im Pasta-Land Italien erinnert man sich seit Kurzem wieder einer fast vergessenen Pasta-Spezialität, der „Pasta di grano arso“ oder auf Deutsch: Pasta aus verbranntem Korn.

Früher wurden in Mittel- und Süditalien nach der Ernte die Felder abgebrannt. Zu dieser Zeit war das die günstigste Art, die Weizenstoppeln zu beseitigen. Weizen war damals ein teures Lebensmittel das sich die zumeist aus Apulien stammenden Tagelöhner nicht leisten konnten. Die Besitzer der Felder erlaubten ihnen jedoch nach der Abbrenne die noch verwendbaren Weizenkörner einzusammeln bevor dann das Feld gepflügt wurde. Diese gebrannten Körner wurden dann von Hand gemahlen und das daraus entstandene farina di grano arso wurde mit Weißmehl vermischt. Daraus entstand die „Pasta di grano arso“.

Heute wird farina di grano arso nicht vollständig verbrannt, sondern meist kommerziell geröstet. Der Geschmack, die Farbe, die Textur und der Geruch von Pasta oder Brot, die mit farina di grano arso hergestellt werden, sind intensiv und einzigartig. Das Mehl ist leicht körnig und die Farbe ist aschgrau – grigio cenere. Die Farbe der Pasta kann von grau bis braun variieren, je nach dem Anteil des farina grano arso. Der rauchige, nussige Geschmack erinnert ein wenig an geröstete Haselnüsse, und der Geruch lässt sich mit dem einer leicht verkohlten Pizzakruste aus dem Backofen vergleichen. Der größte Teil des Glutens ist verbrannt, so dass farina di grano arso nicht allein verwendet werden kann. Es nimmt mehr Wasser auf als andere Mehle und würde zu einem klebrigen Brei, der nicht zusammenhält. Die besten Ergebnisse erzielt man, wenn man 10 bis maximal 25 % des farina grano arso zu anderen glutenhaltigen Mehlen gibt und vermischt. Pasta di grano arso soll leichter verdaulich sein als andere Pasta.

Wie stellt man selbst farina grano arso selbst her?

Farina (Mehl) di (von) grano (Korn) arso (verbrannt) – Es gibt zwei Möglichkeiten:
1. Das Getreide wird zuerst zu Mehl gemahlen und dann über dem Feuer in einer gusseisernen Pfanne geröstet. Dies macht man solange, bis das Mehl eine dunkelbraune, fast schon schwarze Farbe annimmt.
2. Das Getreide wird im Ganzen in einer gusseisernen Pfanne geröstet und nach dem Abkühlen auf den gewünschten Mahlgrat gemahlen.

Durch das Rösten erhält das Mehl einen sehr speziellen Geschmack. Klassisch nimmt man dieses Mehl für Foccaccia und auch für Orecchiette, aber auch pasta fresca mit oder ohne Ei lässt sich daraus herstellen. In Umbrien gibt es eine besondere Pastasorte mit antiken Ursprüngen, die den Namen und die Geschichte dieser Region in ihrem Namen trägt: Umbricelli. Heute ist diese frische Pasta vom Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten als Prodotto Agroalimentare Tradizionale (PAT) (traditionelles landwirtschaftliches Produkt) anerkannt.

Die Umbricelli sind eine in der ganzen Region verbreitete Pastasorte, aber alten Quellen zufolge sind Spoleto und Foligno die ursprünglichen Produktionsstädte. Obwohl es sich um eine Spezialität der cucina povera, der „arme Leute Küche“ handelt, das eng mit der bäuerlichen Tradition verbunden ist, ist es schmackhaft und einfach zuzubereiten. Es werden nur wenige Zutaten benötigt: Wasser, Mehl (Weißmehl mit farina grano arso), Salz und etwas Olivenöl. Nachdem der Teig geknetet und ruhen gelassen wurde, kann man den Umbricelli die typische Form geben: lang, gerollt und dick. Es handelt sich um eine umbrische Pastaart, die traditionell ohne Eier hergestellt wird und aufgrund ihrer Zutaten mit den toskanischen Pici, den ligurischen Trofie und den Scialatielli der Amalfiküste vergleichbar ist.

Frische Tortellini aus farina grano arso, gefüllt mit einer Farce aus ofengebackenen Tomaten, grob gehackten Kapern und Ricotta, gut gesalzen und gepfeffert, sind sie eine kulinarische Offenbarung. Serviert werden diese Tortellini dann lediglich mit Butter, frisch geriebenem Parmigiano oder Pecorino und ein wenig klein gehacktem Schnittlauch darüber. Die fruchtige Füllung bildet den perfekten Gegensatz zum pikanten, fast rauchigen Teig. Mehr als Butter darüber bedarf es nicht.

Die fertige Pasta, bereit zum Verzehr.


Insider Tipp: Eine Pizza mit farina di grano arso ist eine ganz besondere Spezialität.
Auf die gewünschte Mehlmenge gibt man hier gerne auch etwas mehr farina di grano arso, so 20 – 30%. Dann mit lievito madre und den Teig im Kühlschrank 24 – 30 Stunden gehen lassen.


Ein interessantes Rezept findet sich hier: