Pincinelle marchigiane – Sauerteig Pasta

Die Pincinelle sind eine typische Pastaspezialität der italienischen Region Marken, insbesondere für das Hinterland der Marken, aber sie werden auch in anderen Teilen Italiens hergestellt …

cordelle“ für die Großmutter
pincinelle“ in Fabriano 
pencianelle“ in Sassoferrato
pence“ in Matelica
monfricoli oder surci“ in Campodonico
etc.

Das sind alles Namen für die gleiche Pasta. Unterschiedlich je nach der Stadt, in der sie hergestellt werden und die oben genannten Städte sind nur wenige Kilometer voneinander entfernt, zwischen den Provinzen Ancona und Macerata. All diese bizarren Namen für eine einzigartige Pasta.

Pincinelle werden oft mit Tomatensauce und Pecorino oder mit frischem, in Olivenöl gebratenem Gemüse aber auch mit einer sommerlichen Caprese Sauce oder gebratenem Gemüse gegessen wird. Gerne kann man die Pincinelle auch mit einer Artischocken Sauce die mit Nepeta Minze (Calamintha Nepeta) und Knoblauch abgeschmeckt wurde servieren.
Gern werden die Pincinelle wegen der dem Teig eigenen leichten Säure mit wildem Spargel oder wer diesen nicht bekommt, mit grünem Spargel. Dazu wird dann gerne Ciauscolo (siehe unten) serviert.

In den Marken begegnet man neben Pincinelle auch Cordelle, Monfricoli, Pence, Pencianelle, oder Surci. Je nach Dorf ändert sich der Name der frisch zubereiteten Nudeln aus Sauerteig und sie werden stets ein wenig anders hergestellt. Es kommen je nach Region verschiedene Mehlsorten kommen zum Einsatz, wie auch unterschiedliche Triebmittel. Sei es Lievieto madre (italienischer Sauerteig) oder Hefe, die mit Mehl und Wasser aber auch unter Zugabe von Eiern zu Nudelteig weiterverarbeitet werden.

Wie viele Speisen der italienischen Regionen entstand dieses Gericht durch Zufall. In diesem Fall beim Brotbacken.

Pincinelle stammen ursprünglich aus dem Ort Sassoferrato in der Nähe von Ancona. Nahe Sassoferrato lag die antike Stadt Sentinum. wo 295 v. Chr. im dritten Samnitischen Krieg die Römer die Samniter und Senonen besiegten. Hier stößt man auf besondere pasta fresca. Wie auch in anderen Orten, war es in Sassoferrato früher üblich, einmal wöchentlich zuhause Brot zu backen. Pincinelle wurden zubereitet, indem man einen Teil des Teigs, der auch für das Brot verwendet wurde, zurückbehielt. Früher wurde dies in der Regel einmal in der Woche gemacht, und das gebackene Brot wurde in der Brotkiste aufbewahrt. Der Teig wurde, entsprechend bearbeitet und auch für die Pincinelle verwendet, was auch heute noch der Fall ist. Die daraus geformten Pincinelle wurden dann wie Nudeln gekocht.

Die Pincinelle und die damit hergestellten Pasta Gerichte gehören zur Cucina povera. Wörtlich übersetzt bedeutet der Begriff „arme Küche“ und verweist einerseits auf die Küche der armen Leute, also auf billige Zutaten und Resteverwertung. Andererseits entstanden durch die Kombination einfacher, frischer, aufeinander abgestimmter Zutaten und deren Verwertung ohne aufwendige Kochprozesse Gerichte, die aufgrund ihrer Schlichtheit schmackhaft sind und in ihrer Konzentration auf das Wesentliche reduziert sind. Cucina povera ist die Küche der reduzierten Form, der bescheidenen Mittel, der preiswerten altbewährten Zutaten, die arm im Sinne von nicht elaboriert ist.

Pasta aus Sauerteig sind bekömmlicher und reicher an Aromen als „normale“ Pasta, die Variationsvielfalt des Pastateiges steigt. Je nach verwendetem Sauerteig und Lagerdauer bewegen wir uns im aromatischen Spektrum zwischen fruchtig-säuerlich bis zu würzig-herb. Pasta und Soße können auf diese Art maßgeschneidert aufeinander abgestimmt und zusammengestellt werden.

Technisch gesehen handelt es sich um eine Art von langer Pasta mit mehr oder weniger rechteckigem Querschnitt, mit der Besonderheit, dass keine Eier verwendet werden und so die Tradition des hausgemachten Brotes der Marken weitergibt. In einer Abwandlung kann man die Pincinelle aber auch mit Ei zubereiten, eine feinere Variante. Hier beide Rezepte:

Die traditionelle Variante, Zutaten ohne Ei:
200 g Dinkelgrieß
100 g Wasser (nach Bedarf! Manchmal mehr, manchmal weniger)
100 g aktive Lievito madre

Zubereitung:
Den Dinkeklgrieß auf die Arbeitsplatte geben und zu einem Kegel auftürmen. In die Mehlkegelspitze eine Einbuchtung formen, dort das Wasser und der Sauerteig hineingeben.
Mit einer Gabel das Wasser und den Sauerteig vermengen, dann langsam das Mehl zur Mitte einschlagen. Wenn die Masse schön dick ist, mit den Händen weiterarbeiten. Falls der Teig zu hart ist, etwas Wasser dazugeben, wenn er zu klebrig ist, mehr Mehl einarbeiten. Die Zutaten nun so lange ausdauernd ohne Unterbrechung verkneten, bis ein fester, trockener, nicht klebender, glatter und seidig glänzenden Teig entsteht. Das dauert etwa 10 Minuten. Man merkt, wenn er fertig ist, das Gefühl ist schwer zu beschreiben, aber der Teig wird annähernd handwarm und elastisch wie ein Lebewesen.
Den Teig zu einer Kugel formen und in eine Schüssel geben, mit einem Tuch abgedeckt bei Raumtemperatur 3-4 Stunden oder bis sich der Teig verdoppelt hat, fermentieren lassen, der Teig soll atmen können.

Die Luxusvariante, Zutaten mit Ei:
150 g Dinkelmehl 630
150 g Dinkelgrieß
150 g aktive Lievito madre
3 Eier
Wasser nach Bedarf
1 TL Salz

Das Verhältnis der Zutaten: 2 Teile Mehl, 1 Teil Wasser, 1 Teil Sauerteig.
Da bei der Ei-Variante die Eier auch Feuchtigkeit enthalten wird weniger bis garkein Wasser zugegeben. Die Größe der Eier spielt auch eine Rolle bei der Konsistenz.

Zubereitung:
Den Dinkeklgrieß und das Dinkelmehl sowie das Salz gut vermischen und auf die Arbeitsplatte geben und zu einem Kegel auftürmen. In die Mehlkegelspitze eine Einbuchtung formen, dort das Wasser und die Eier sowie der Sauerteig hineingeben.
Es gibt eine einfache Ei-Nudelteig-Faustregel: Auf 100 Gramm Mehl kommt ein Ei oder wie es im Italienischen heißt: un etto di farina per ogni uovo di media grandezza.

Mit einer Gabel zuerst die Eier und den Sauerteig (Lievito madre) miteinander vermengen, dann langsam das Mehl zur Mitte einschlagen. Wenn die Masse schön dick ist, mit den Händen weiterarbeiten. Falls der Teig zu hart ist, etwas Wasser dazugeben, wenn er zu klebrig ist, mehr Mehl einarbeiten. Die Zutaten nun so lange ausdauernd ohne Unterbrechung verkneten, bis ein fester, trockener, nicht klebender, glatter und seidig glänzenden Teig entsteht. Das dauert etwa 10 Minuten. Man merkt, wenn er fertig ist, das Gefühl ist schwer zu beschreiben, aber der Teig wird annähernd handwarm und elastisch wie ein Lebewesen.
Den Teig zu einer Kugel formen und in eine Schüssel geben, mit einem Tuch abgedeckt bei Raumtemperatur 3-4 Stunden oder bis sich der Teig verdoppelt hat, fermentieren lassen, der Teig soll atmen können.

Tipp: Ich mache den Teig oft bereits am Abend und lasse ihn über Nacht im Kühlschrank fermentieren. Da kann man ihn bis zu vier Tage zwischenlagern und bekommt so noch mehr Geschmack. Vor der Weiterverarbeitung den Teig mindestens eine Stunde zuvor aus dem Kühlschrank nehmen damit er auf Raumtemperatur kommt und so beim Ausrollen nicht bricht. Der Teig mit seinen Mikroorganismen muss sich vor der Weiterverarbeitung akklimatisieren, die Mikroorganismen müssen aufwachen.

Nun wird der Teig auf die gewünschte Dicke ausgerollt und entweder auf eine Chitarra gelegt, auf der die Pincinelle mit dem Nudelholz durchgedrückt werden.

Die Chitarra ist ein traditionelles italienisches Küchengerät, zu Deutsch auch gerne „Nudelharfe“ genannt. Die Chitarra ist vom Prinzip her nichts anderes als ein mit Metallsaiten bespannter Holzahmen. Wenn man an ihr zupft, erklingt ein Ton, wie bei einer Harfe oder Gitarre. Die Chitarra wird benutzt, um Pastateig mit ihren Saiten in feine, gleichmäßige Streifen zu schneiden. Vergleichbar vielleicht mit einem riesigen Eierschneider. Der Abstand der Saiten bestimmt die Art der Pasta. Eine Anschaffung die sich lohnt, wenn man gerne Pasta selbst macht und nicht in eine teure Küchenmaschine investieren möchte!


Oder man macht es per Hand, indem man circa 4-5 Millimeter dünne Teigrollen, wie sehr dicke Spaghetti, formt und diese in fünf bis zehn Zentimeter lange Stücke schneiden. Man kann auch Platten ausrollen und die Pincinelle mit dem Messer, wie Tagliatelle schneiden.

Die Pincinelle dann je nach ihrer Dicke drei bis acht Minuten in nicht zu stark kochendem Salzwasser kochen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn der leichte weiße Schaum auf dem Kochwasser verschwunden ist, die Pasta auch fertig ist. Abseihen und mit dem Sugo der Wahl servieren bzw. direkt feucht aus dem Kochwasser nass in die Sauce geben. So bindet die Sauce durch die Reste des Kochwassers noch etwas.

Zum Nudelkochen gibt es eine Faustregel:
Ein Liter Wasser pro 100 Gramm Nudeln und ein Esslöffel Salz (14 g) pro Liter Wasser. Das Wasser sollte nicht kochen, sondern nur leicht simmern, wie beim Knödelkochen. Darin werden die Nudeln portionsweise für circa 1-4 Minuten (je nach Sorte auch länger) gekocht.
Oder man hängt die Nudeln zum Trocknen auf um sie später zuzubereiten. Die Pincinelle können beim Kochen und auch beim Trocknen noch etwas aufgehen und dabei dicker werden, denn die Lievito madre arbeitet weiter!


Der Unterschied zwischen Pastagerichten in Italien und in den U.S.A. ist die Menge des verwendeten Sugo. In Italien steht die Pasta im Vordergrund und es wird nur wenig, aber genug Sugo auf die Pasta gegeben. In den U.S.A. steht das Sugo im Vordergrund und die Pasta wird gerne im Sugo ersäuft. Jeder wie er mag, ich esse gerne Pasta auf die italienische Art, die andere Variante ist für mich Suppe mit Nudeleinlage und lässt dem Geschmack einer guten handgefertigten Pasta keinen Raum.


Gedanken zu Sauerteig Pasta
Bei der Herstellung von guter Pasta sollte man ähnlich verfahren wie bei der Herstellung von gutem Brot. Man muss das Mehl bewusst auswählen, kein 08/15-Mehl, sondern etwas das lebt und Aromen mitbringt bzw. entwickeln kann. Der gut geknetete Teig braucht Zeit und Ruhe um sich zu entwickeln. In der Reifephase entsteht echte Sauerteig Pasta.

Will man eine gute Pasta beurteilen, so sollte man die gegarte (nicht übergarte) Pasta in etwas Öl oder Butter schwenken, um so das Geschmackspotential der Pasta zu entfalten. Eine Sauce ist dafür nicht nötig. Ein Brot probiert man, um es zu beurteilen, auch pur oder mir etwas Butter oder Öl.

Eine gute Sauerteig Pasta sättigt wohlig. Wer kennt es nicht, nach dem Verzehr einer guten Portion Pasta hat man noch etwas Hunger und isst eine weitere Portion. Danach fühlt man sich oft schlecht und hat einen Teigballen im Magen, wie nach dem Verzehr von schnellgebackenem Brot. Gute Sauerteig Pasta regt die Verdauung an. Sauerteig Pasta ist ein probiotisches Lebensmittel und mehr als nur eine Nudel!

Der Rezepte für Sauerteig Pasta gibt es viele, im Grunde unterscheiden sie sich nur in der Menge des zugegebenen Sauerteigs, mit dem die Säure und das Aroma reguliert werden und in den Mehlsorten. Hier hat man mit verschiedenen Körnungen und deren Mischungen (Mehl, Dunst, Grieß, Brösel, Vollkorn etc.) viel Raum zum Experimentieren. Wer gerne Eiernudeln isst, gibt halt Eier bzw. Eigelbe dazu, wer nicht, lässt sie weg. Auch wie lange man den Teig bei Zimmertemperatur fermentieren lässt, bevor man die Pasta schneidet hat großen Einfluss auf das fertige Produkt.


Ciauscolo
Ciauscolo, manchmal auch Ciavuscolo oder Ciabuscolo genannt, ist eine italienische Salamispezialität, die vor allem in den Marken und in Teilen von Umbrien beliebt ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Salami ist die Ciauscolo meistens weich und streichfähig.
Ciauscolo ist eine der zahlreichen italienischen Salami, die mit dem g.g.A.-Siegel (geschützte geographische Angabe) EU-weit geschützt sind. Sie darf nur in einer bestimmten Region Italiens nach einem bestimmten traditionellen Verfahren hergestellt werden. Ciauscolo wird aus Schweinefleisch (vor allem den fetteren Teilen aus dem Schweinebauch und der Schweineschulter) und Speck hergestellt. Der Fettanteil der Wurst liegt bei 30-40%.
Früher wurde das Fleisch für Ciauscolo von Hand fein gehackt oder im Mörser fein zermahlen. Heute wolft man das Fleisch sehr fein. Anschließend würzt man es mit Salz, Pfeffer, Knoblauch und manchmal mit Vincotto (“gekochter Wein” – eingedickter Traubenmost) und füllt es dann in Naturdärme. Die Würste trocknen dann 12 bis 24 Stunden. Danach räuchert man sie kalt über Wacholderzweigen für 2 Tage kalt. Zum Schluss hängt man die Ciauscolo noch für bis zu 2 Monate, meistens jedoch nur für etwa 2 Wochen zum Reifen auf.
Ciauscolo ist eine weiche, streichfähige Salami, die von der Konsistenz eher an eine französische Paté oder eine feine Leberwurst erinnert. Ciauscolo streicht man meistens auf frisches Bauernbrot gestrichen und genießt es häufig zum Frühstück. Manche nennen die Wurst scherzhaft “La Nutella del Contadino”, das Nutella der Bauern.
Neben der Ciauscolo gibt es in den Marken noch die Ciauscolo di fegato, auch Mazzafegato oder Fegatino genannt. Bei ihr ersetzt man einen des Specks durch Schweineleber. Dadurch wird die Wurst dunkler und bekommt ein intensiveres Aroma. Außerdem würzt man die Ciauscolo di fegato mit Orangenzesten und Fenchelgrün.
Das Wort ciauscolo ist mit dem lokalen Dialektwort ciausculu verwandt, wobei unklar ist, welches Wort sich von dem anderen ableitet. Ein möglicher Ursprung für ciauscolo ist das mittelalterliche lateinische Wort cibusculum, das „kleines Essen, „kleine wertvolle Speise bedeutet. „Das Cibusculum war leicht zu transportieren, es machte satt, verdarb nicht und man brauchte nicht einmal ein Messer zum Essen.
Ciauscolo kam früher immer zu Ostern auf den Tisch: „Geschlachtet wurde im Winter, dann waren die Würste zu Ostern richtig gereift.“